Neue Super-Kondensatoren als Energiespeicher
(Super-Kon)

    
 

Klicken Sie auf ein Feld für weitere Informationen.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die derzeit gebräuchlichsten dezentralen Energiespeicher sind Akkumulatoren und Batterien, also elektrochemische Speicher. Ihre Wirkung basiert folglich auf elektrochemischen Reaktionen. Somit sind sie zum einen zwar deutlich kompakter und leichter als gleich leistungsfähige physikalische Speicher, zum anderen jedoch auch langsamer bei der Energieaufnahme und -abgabe sowie einer verstärkten Alterung unterlegen.
Dem gegenüber stehen Kondensatoren, welche die Energie elektrostatisch speichern. Der Grundaufbau ist ein Plattenkondensator, der aus zwei durch einen Isolator getrennten Platten besteht, die man elektrisch entgegengesetzt aufladen kann. Durch die Verschiebung von Elektronen erzeugt man ein elektrisches Feld, das seiner Ursache entgegenwirkt, sodass bei konstanter Spannung nur eine begrenzte Anzahl an Ladungen verschoben werden kann. Trennt man die Platten elektrisch voneinander, bleibt die Energie in der Ladungsverteilung, also folglich im elektrostatischen Feld gespeichert, bis durch eine erneute Verbindung eine Entladung erfolgen kann.
Die Menge der maximal speicherbaren Energie Emax wird von der Spannung U und der Kapazität C des Kondensators bestimmt. Sie wird berechnet über:

Die Kapazität wiederum erhält man über:

wobei ε die Permittivität des Isolators, ε0 die elektrische Feldkonstante, A die Plattenfläche und d der Plattenabstand ist.
Kondensatoren können verschleißfrei und sehr schnell Energie aufnehmen und abgeben, jedoch werden sie kaum zur Energiespeicherung genutzt, da für eine praktische Nutzung viel zu große Kondensatoren nötig wären. Um die maximal speicherbare Energiemenge zu erhöhen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zuerst kann man den Kondensator mit einer größeren Spannung betreiben, was allerdings wegen der Gefahr eines Spannungsdurchschlages und einer variablen Kapazität bei hohen Spannungen nur begrenzt möglich ist. Des Weiteren lässt sich die Kapazität erhöhen. Man kann die Oberfläche vergrößern, was bei Folien-, Elektrolyt- und Doppelschichtkondensatoren stark genutzt wird. Eine weitere Möglichkeit ist die Verringerung des Plattenabstandes, was vorrangig bei Folienkondensatoren Anwendung findet. Eine Veränderung des Dielektrikums, welches die Permittivität bestimmt, wird ebenfalls verwendet, vor allem bei Keramik-, Elektrolyt- und Doppelschichtkondensatoren.
Die neuen Superkondensatoren zeichnen sich durch eine sehr hohe Permittivität, ähnlich denen von Keramikkondensatoren, und eine hohe Belastbarkeit und Biegsamkeit, ähnlich den Folienkondensatoren, aus. Die Grundlage bildet ein keramisches Dielektrikum (zum Beispiel Bariumtitanat), welches in Form von Nanopartikeln in eine flexible, nicht leitende Matrix eingebettet wird. Der so entstehende Komposit erreicht Dielektrizitätswerte in der Größenordnung von Keramiken, bleibt jedoch gleichzeitig formbar, bruchfest und durchschlagssicher ähnlich Kunststoffen. Er wird als Dielektrikum in dem neuartigen Kondensator eingesetzt.
Dadurch erreicht die Kapazität Werte von Keramikkondensatoren, ohne derart spröde und bruchanfällig zu sein. Folienkondensatoren werden in der Menge der gespeicherten Energie deutlich übertroffen, ohne auf deren Robustheit zu verzichten. Bezüglich der Energiedichte ist der Super-Kon vergleichbar mit Doppelschicht- und Elektrolytkondensatoren, kann jedoch bei höheren Spannungen ge- und entladen werden und hat außerdem eine vielfach langsamere Alterung durch den Verzicht auf chemische Vorgänge. Des Weiteren ist die Herstellung des Komposites umweltverträglicher als die der Dielektrika in den eben genannten Kondensatoren. Verglichen mit Akkumulatoren wird der Super-Kon deutlich schneller, wartungsfreier und umweltverträglicher sein, jedoch vorerst noch unter den Energiedichten bleiben.

Fachwissenschaftliche Teilgebiete

Kooperationen


Am Institut für Anorganische Chemie beschäftigt sich die Fachgruppe Festkörperchemie seit vielen Jahren mit der Synthese und Untersuchung anorganischer Dielektrika. Der besondere Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung oxidischer Materialien. Die Eigenschaften dieser Verbindungen werden durch chemische Modifikation bzw. gezielte Variation der Partikelform und -größe optimiert. Das Spektrum reicht dabei von Nanopartikeln unterschiedlicher Formen über klassische Pulver bis zu Einkristallen von mehreren Zentimetern Größe. Neben etablierten festkörperchemischen Methoden werden verschiedenste innovative Soft-Chemistry-Syntheseverfahren eingesetzt. Die erhaltenen Proben werden durch vielfältige physikalische Untersuchungsmethoden charakterisiert.

Struktur BaTiO3   
Struktur von BaTiO3




Am Institut für Physik befasst sich die Fachgruppe Physik ferroischer Materialien mit der Charakterisierung und Modellierung ferroischer Materialien (Einkristalle, Keramiken, Verbundwerkstoffe, Gradientenmaterialien und dünne Schichten). Forschungsschwerpunkte sind dabei die Bestimmung linearer und nichtlinearer elastischer, dielektrischer und elektromechanischer Stoffgrößen in Abhängigkeit von der Zeit (Alterung), Temperatur, Frequenz sowie überlagerten elektrischen und mechanischen Feldern. Die Entwicklung neuartiger Werkstoffe geht einher mit der Modellierung der physikalischen Eigenschaften mit Hilfe analytischer Verfahren sowie der Finite-Elemente-Methode.

Kapazitätsmessung einer Vielzahl von Kondensatoren   
Kapazitätsmessung einer Vielzahl von Kondensatoren




Das Interdisziplinäre Zentrum für Materialwissenschaften ist eine Einrichtung der Martin-Luther-Universität zur Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit der verschiedenen Institute mit außeruniversitären Einrichtungen. Wichtig ist ebenfalls der Forschungstransfer zu kleinen und mittleren Unternehmen. Im Zentrum stehen Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der nanostrukturierten Materialien und der Mikro- und Nanoanalytik, wo neben eigenständigen Forschungsprojekten Kooperationsleistungen für kleine und mittlere Unternehmen angeboten werden. Die Gruppe beschäftigt sich mit lithografischen Strukturierungsverfahren wie Kolloid- und Elektronenstrahllithographie. Die Forschung zu neuartigen Materialien, Depositions- und Strukturierungstechniken fokussiert sich auf das Gebiet der erneuerbaren Energien mit Projekten der Thermoelektrik, Photovoltaik und Energiespeicherung.

Teststrukturen mit Metallkontakten   
Teststrukturen mit Metallkontakten